Ortsbeschreibung 1820 Lexikon
1820,
O e l z s c h a, bei Leonhardt und auf der Schreiberschen Charte O e l z s c h a u, auf der Streitschen O e l t s c h a u genannt, ist ein Dorf des Königreichs Sachsen, im leipziger Kreise und Amte gelegen, und zum dasigen amtsässigen Rittergute gehörig. Der Ort liegt fast 4 Stunden südöstlich von Leipzig, (wie er denn auch der südöstlichste im Amte ist) 3 Stunden nördlich von Borna, 3 Stunden westlich von Grimma – an der Gösel, welche hier eine breite und sehr angenehme Aue, voll der schönsten Wiesen und Aecker, bildet - 450 bis 500 pariser Fuß über dem Meere – unweit des gegen Norden beginnenden U n t e r h o l z e s, welches sich hier zwischen Belgershayn und Rohrbach ausbreitet; denn diese 3 Orte sind weiter auseinander gelegen, als die Charten es darstellen. Oelzschau gehört unstreitig unter diejenigen Orte im Amte, welche der anmuthigsten Lage genießen, und das Dorf giebt mit seinen Umgebungen, von den Mölbiser (gegen Süd gelegen) Anhöhen betrachtet, einen vortrefflichen Anblick. Es hat gegen 350 Bewohner (1801 gab man 295 Consumenten an) und 12½ Hufen guter Felder, welche Östlich mit Belgershayn im Amte Grimma, südlich mit Kemlitz und Mölbis im Amte Borna, westlich mit Dalitzsch und Kleinpötzschau rainen; auch die hiesige Viehzucht ist bemerkenswerth. – Die P f a r r k i r c h e gehört unter die Röthaische Adjunctur der leipziger Inspection, und steht unter der Collatur des Gerichtsherren, jetzt also des Maj. V. Boltenstern. Hierzu gepfarrt ist nur Kemlitz, so daß die Parochie noch nicht 500 Seelen enthält. – Das R i t t e r g u t, zu welchem nur das Dorf gehört, und welches mit 1 Ritterpferd belegt ist, hat gute Gebäude, besonders aber ein geschmackvolles, 12 Fenster breites Schloß, welches sich trefflich präsentirt. (S.) Das Dorf kommt schon bei Ditmar vor, wo es O l s c n i z i, auch Olsnice heißt. Es wurde im J. 1017 vom Kaiser Heinrich II. dem Stifte Merseburg überlassen. Im J. 1554 kaufte Oelzschau Hans von Holläufer von Hans von G a u d l i ß. Späterhin scheinen es die von Zehmen besessen zu haben, die es auch schon im J. 1486 einmal inne hatten. Im J. 1751 besaße es der KammerjunkerC. H. Adolf von Zehmen. Das Dorf litte viel durch den 30 jährigen Krieg, und den 24. Juli 1719 brannte es fast ganz ab.
Quelle:
Vollständiges
Staats- Post- und Zeitungs-
Lexikon von Sachsen
verfaßt
von
A u g u s t S c h u m a n n
Siebtenter Band
Neudörfel bis Ortelsdorf
Zwickau
in Verlage der Gebrüder Schumann
1820
(Ladenpreis 2 Thlr. 8 Gr.)
Ortsbeschreibung 1841 Pfarrer Höhme
Oelzschau,
ein Dorf, welches im 16. Jahrhundert den Namen Olssa führte, und erst im 17. wie oben benannt wurde, liegt 3½ St. südöstlich von Leipzig, inmitten der beiden Städte Grimma und Zwenkau, an dem Göselbach in einer Ebene, die sich nach Süden und Norden etwas erhebt und von da betrachtet einen sehr freundlichen Anblick gewährt. Ueber die Gründung desselben kann nichts Sichres nachgewiesen werden; desto mehr hat die Nähe an dem Schauplatz der Kriege, die um und bei Leipzig geführt wurden, dasselbe zum Theil in die Verwüstung mit verflochten, welche zur Folge hatten; so ward es während des 30jährigen Krieges von schwedischen Kriegsvölkern und in Jahr 1813 durch Plünderung feindlicher Soldaten übel mitgenommen und namentlich das Innere des dasigen herrschaftlichen Schlosses der rohen Zerstörung wilder Kosaken Preis gegeben. Auch verherrte an 24. Juli des Jahres 1719 ein, durch Verwahrlosung entstandenes Feuer fast das ganze Dorf; 45 Wohngebäude wurden ein Raub der Flammen, so daß einschließlich der Kirche und dem Rittergute nur sehr wenige Wohnungen unversehrt blieben. Das Letztere, mit einem nicht unbedeutenden Feld- und Waldareal, war im 16. 17. und 18. Jahrhundert fortwährend im Besitz der Familie v. Zehmen, von welcher namentlich im 17. Jahrhundert Tobias v. Zehmen sich um die Kirche und Pfarre durch mancherlei Schenkungen viel Verdienste erwarb. -- Die Gerichtsbarkeit des Ortes war wie früher, so auch noch jetzt in den Händen des Rittergutsbesitzers. -- Kann auch den herrschaftlichen Wohngebäuden nicht geradezu der Ruhm ausgezeichneter Schönheit beigelegt werden, so sind doch die inneren Räume äußerst anstandig und bequem; anlangend aber die Wirtschaftsgebäude, welche erst von dem vorletzten Besitzer Karl Friedrich v. Boltenstern, schwedischen Obersten, gestorben 1837 in dem seltenen Alter von 95 Jahren, neu aufgebaut wurden, so zeichnen sich diese durch zweckmäßige und solide Bauart ganz besonders aus. Gegenwärtiger Besitzer ist in Gemeinschaft mit seiner Frau Gemahlin, einer gebornen v. Boltenstern, Rudolph Heinrich Christian v. Rex, Königl. Preuß. Obrist-Lieutnant, a.D., ein Mann, der das Beste für Kirche und Schule mit ächt menschenfreundlichem Herzen fördert. Die Bewohner des Orts beschäftigen sich, außer mehreren Handwerkern, ausschließlich mit dem Ackerbau und wenn sie auch eines seltenen Reichtums und Wohlstandes sich nicht rühmen können, so trifft doch fast Keinen das Loos notorischer Armuth.
Ueber die Kirche, die Zeit ihrer Erbauung und sonstigen Schicksalen fehlen alle Nachrichten, in neuster Zeit 1824 ist nur der Thurm in veränderter Form neu gebaut worden; auf jeden Fall ist sie den älteren Kirchen des Landes beizuzählen, wie sich aus dem alter der 3 Glocken ergiebt, von denen die große im Jahre 1596, die kleinere vom Jahre 1509 und die mittlere mit einer Umschrift von mittelalterlicher Schriftart, die sich aber wegen Undeutlichkeit nicht entziffern lässt, auf ein noch höheres Alter schließen läßt.
Die Namen der, an der Kirche zu Oelzschau seit den Zeiten der Reformation angestellten Prediger sind folgende 1.) Georg Lose, um das Jahr 1536. 2.) Andreas Otto, um das Jahr 1545, ward versetzt nach Ossa in der Rochlitzer Diöces. 3.) Adam Kober, um das Jahr 1553. 4.) Michael Vogel, berufen 1565, versetzt 1567 nach Mölbis. 5.) Johan Güntzel, berufen 1567, versetzt 1569 nach Wolkwitz. 6.) Johann Zimmermann, damals auch Tectander genannt, berufen 1569, gestorben 1572. 7.) Michael Janus, berufen 1573, gestorben 1589, 8.) Andreas Herrmann oder Dominander, berufen 1589. Er geriet in den damaligen Kryptocalvinistischen Streitigkeiten in Delirium, mußte 1597 sein Amt niederlegen und starb den 2. Mai 1611 allhier. 9.) Melchior Schmidt oder Faber von Greifenberg in Schlesien, berufen 1597, starb den 14. Decbr. 1631 an einem hitzigen Fieber. 10.) M. Peter Klajus, aus Meißen, früher Pfarrer zu Borna unter Leipzig, berufen 1632, starb 1637 an der Pest. 11.) Christian Engelmann, aus Rötha, früher Pfarrer zu Benndorf, berufen 1638, starb 1639 zu Grimma, wohin er sich vor den feindlichen Schweden geflüchtet hatte. 12.) Christian Zeiß, aus Lischwitz bei Weida im Voigtlande, früher 1½ Jahr Pfarrer zu Sausedelitz, berufen 1639, starb am 9.Jan. 1689, als Senior der Leipziger Diöces, als Jubelprediger im 51. Amtsjahre und im 76. seines Lebens. 13.) Wolfgang Georg Winkler, Mag. ot D. Phil.; aus Grimma, früher Pastor zu Sidlitz unter Weyda, berufen 1689, versetzt 1692 als Diakonus nach Rötha und 1698 als Pfarrer nach Döben. 14.) Johann Wolfgang Winkler, des Vorigen Bruder, war erst Pastor zu Großbermsdorf, heranch zu Predel bei Weißenfels, Mag. et D. phil., berufen 1692, starb den 26. Novbr. 1700. 15.) M. Samuel Utike, war erst 4 Jahre lang ein Schmidt, geboren zu Bohnen, einer Stadt in Vorpommern 1670 den 22. Mai. berufen 1701, feiert 1751 sein Amtsjubiläum, starb 1753 am 31. Jan., in einem Alter von 82 Jahren. Er war ein äußerst thätiger und gewissenhafter Mann. Auf M. Utike folgte 16.) Heinrich Wilhelm Glasewald, geboren 1713 zu Sonnenwalde, berufen 1751 als Substitut des Vorigen, in der Amtsfolge 1753 bestätigt, starb am 24. März 1796. 17.) M. Johann Georg Friedrich Götze, war gebor. den 18. August 1767 zu Rüdersdorf bei Gera, ward 1794 Katechet zu St. Petri in Leipzig, habilitirte sich in demselben Jahre auf dasiger Universität durch die Abhandlung: "De vera educationis indole," berufen 1796, versetzt 1804 nach Mölbis, wo er im Herbste des Jahres 1833 starb. 18.) Georg Hieronimus Rosenmüller, geboren zu Erlangen um das Jahr 1776, déin Sohn des verehrungswürdigen Superintendenten Rosenmüller zu Leipzig, ward 1804 ins Amt berufen. Ein Mann voll vielseitiger gelehrter Bildung machte er sich durch mehrere populäre ascetische Schriften bekannt, leider aber verleitet ihn sein vielbedürftiges Leben sich an dem Kirchenvermögen, das als die Veruntreuung sich nicht länger bergen ließ, endingt er zu Ausgang des Jahres 1824 in Zöbiger bei Leipzig durch Selbstmord sein Leben. 19.) M. Karl Heinrich Wilhelm Meißner, geb. 1794 zu Leipzig, woselbst sein Vater Prediger und Professor, berufen 1825, nachdem er 4½ Jahr als Substitut im Archidiakonat zu Grimma fungiert hatte. Er ward im März des Jahres 1833 im Amt.
Das innere der Kirche ist jetzt höchst einfach, doch lichtvoll und freundlich, ein einziges auf der linken Seite des Altars an der Mauerwand errichtetes, aus Alabaster gearbeitetes und auf grauen Marmor basirtes kostbares Denkmal, den Kampf Jakobs nach 1. Buch Mosis 32 darstellende vom Jahre 1728 findet sich darin, und als Schmuck derselben könnte man überdem noch ein über dem Altarplatze befindliches in Oel gemaltes Deckengemälde von nicht geringen Kunstwerth, (die Leidensgeschichte des Erlösers in 12 Tafeln) anführen, wenn es nicht dem Auge durch seine Stellung so sehr verborgen wäre. Die Kanzel trägt Spuren der Alterthümlichkeit an sich, hat aber durch ihre im Jahr 1810 erfolgte Versetzung über den Altar ohne Zweifel gelitten; durch Fürsorge und auf Kosten des gegenwärtigen Kirchenpatrons ist das Aeußere deselben und die in Oel gemalten Evangelisten mit dem Erlöser, welche sich an den vertieften Seitenwänden befinden, aufgefrischt und erneuert worden. -- Die Orgel, erst vor 40 Jahren an die Stelle der alten von Trampeli erbaut, enthält 14 Register in sehr guten Stimmen. Das Vermögen der Kirche beträgt jetzt nur noch circa 1000 Thr. fast 2/3 deselben gingen durch Veruntreuung verloren.
In diesiger Parochie befindet sich eine Schule, in welche zugleich das eingepfarrte nahe Dorf Kömlitz eingeschult ist, un deren Kinderzahl 90-100 beträgt; ihr gegenwärtiger Lehrer ist Johann Christian Pickenhayn, geboren in Röthchen bei Lobstädt, berufen 1832. Das Fixum für den Schulunterricht besteht in 9 Thlrn. monatlich, in 52 Thlrn. von Kirche und Gemeinde, und außer den gewöhnlichen Accidenzien, die auf circa 42 Thlr. sich belaufen, in den Nießbrauch von 2 Aeckern Land; der noch lebenden Emerituius bezieht davon jählich 70 Thlr. Die Kollatur von Kirche und Schule besitzt der obengenannten Obristlieutenant v. Rex.
Die Pfarrwohnung, welche im Jahr 1719, wo der obengedachte Brand die alte Wohnung mit allen Nebengebäuden gänzlich zerstörte, neu erbaut ward, ist dem Aeußeren nach sehr gealtert, und ihr Inneres bietet große, aber nicht genug bequeme Räume dar.
Oelzschau faßt in sich 29 Güter und 42 Häuslerwohnungen, und die Zahl ihrer Bewohner beläuft sich auf circa 400. -- Bemerkenswerth dürfe noch sein, daß im Jahre 1840 der Würtembergische Rittmeister Gustav v. Rath, ein sehr umsichtiger, thätiger und industriöser Mann, eine bairische Bierbrauerei hier erbaute, die nach dem Urteile Sachverständiger durch ihre so zweckmäßige als kostbare innere Einrichtung alle Ansprüche befriedigt.
Das eingepfarrte Dorf
Kömlitz, 10 Minuten von Oelzschau nach Süden zu entfernt, und in das Amt Borna gehörig, faßt mit einem Rittergut, das dem oftgedachten Obristlieutenant v. Rex gehört, 15 Güter und 9 Häuslerwohnungen in sich, deren Einwohnerzahl ohngefähr 140 ist. Ueber seinen Ursprung, über die Herleitung seines Namens ist nichts bekannt; übrigens theilte es in den Kriegsjahren, alle Schicksale mit Oelzschau.
Johann Karl Gottlieb Höhne,
Pfarrer
Ortsbeschreibung um 1850
Oeltschau
das alte Olscnizis auch Olsnize liegt 4 Stunden südöstlich von Leipzig, 3 Stunden nördlich von Borna, 3 Stunden westlich von Grimma an der Gösel, welche hier eine Breite angenehme Aue bildet, voll der schönsten
Wiesen und Acker. Von den Mölbiser Anhöhen gewährt Oeltzschau einen vortrefflichen Anblick. Der Ort grenzt östlich mit Belgershain südlich mit Kemlitz und Mölbis, westlich mit Dahlitzsch und Kleinpetzschau.
Ob Oeltzschau der Ort, seine Enstehung dem dasigen Rittersitze, oder der Rittersitz dem Orte seinen Ursprung verdankt ist unermittelt. Aller Wahrscheinlichkeit nach, hatte in der frühesten Zeit hier eine Ansiedlung der Sorben statt und erst nach Unterjochung derselben durch die Franken und zu ihrer Ueberwachung wurde hier eine Burg oder Schloss erbaut, welches einen Befehlshaber oder Voigte als Wohnsitz angewiesen wurde, der die fürstliche Gewalt handhabte.
Nachdem diese Voigte oder diese Aufsichtsherrn zu einem gewissen Ansehen gelangt waren, versuchten sie es sich in ihrer Beitzung zu erhalten und zu befestigen und dadurch entstand die Verleihung in der Familie.
Ueber den ersten Erbauer von Oeltzschau sind keine sichern Nachrichten vorhanden, so viel steht fest, dass das edle Geschlecht derer von Zehmen schon im 14. Jahrhundert hier, wie in Mölbis, sesshaft war, denen die Herren von Gaudlitz folgten.
Im Jahre 1554 acquirirte Oeltzschau Hans von Holläufer, von welchem es wieder an die Herren von Zehmen gelangte. Dieses altadliche Geschlecht befand sich noch im 18. Jahrhundert im Besitze von Oeltzschau. Denn im Jahre 1751 war Erb-, Lehn- und Gesichtsherr von dieser Besitzung der Kammerjunker C. G. Adolph von Zehmen.
Später gelangte das Gut in die Hände der Familie von Boltenstern, die es bis in die 30 ger Jahre dieses Jahrhunderts behaupteten.
Der gegenwärtige Besitzer ist Herr Gustav Krötzsch.
Das Rittergut, zu welchem bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation nur das Dorf gehörte, wurde mit einem Ritterpferd verdient.
Es befindet sich hier ein geschmackvolles 14 Fenster breites Schloss, welches sich, wie die Abbildung darthut, herrlich ausnimmt.

Die Wirthschaftsgebäude sind in einem vortrefflichen Zustande und die dasige Brauerei. ist berühmt seit langen Jahren. Das hier gebraute Bier gehörte sonst zu den beliebtesten Leipzigs und der Umgegend und nur durch Einführung der bayerischen Biere ist das Oeltzschauer in Leipzig selbst einiger Maasen verdrängt worden. Der Ackerbau , die Viehzucht ist eine ausgezeichnete und der Obstbau ein vorzüglicher zu nennen.
Das frühere alte Schloss ist schon im 30 jährigen Kriege mit zerstört worden, so dass von der alten Einrichtung, von der alten Anlage desselben keine Spur mehr vorhanden ist.
In diesem unglückseligen Kriege hat überhaupt Oeltzschau viele und harte Drangsale zu ertragen gehabt. Wallenstein berührte Oeltzschau mit seinen Schaaren, die nicht die freundschaftlichsten Gefühle bewiesen und keine schöne Erinnerung den damals lebenden Innwohnern hinterlassen haben.
Blos den Nachkommen wurde mit einem gewissen Anfluge von Stolz erzählt: Wir haben den grössten Mann jenes Kriegs bei uns gesehen, den Mann der mit seiner wunderähnlichen Herrscherkraft über die Menschen alle Hindernisse bewältigte und aus dem Wege zu räumen Wusste, die ihm auf seiner Siegesbahn entgegen gestellt wurden. Unbestreitbar ist das, dass Wallenstein eine seltene Grösse eine seltene Erscheinung war und eine Parallele mit irgend einem andern grossen Kriegsmann dürfte schwerlich zu ziehen sein.
Ein Geistesblick zum richtigen Erschauen, ein Muth zum tollsten Wagniss, eine eiserne Willenskraft war ihm angeboren; das Glück begünstigte die natürlichen Anlagen und die Umstände führten die doppelte Kraft auf ein unermessliches Feld des Wirkens.
Grossmuth und Seelenadel, wie bei den Gepriesensten der Helden fehlten ihm nicht, und darum wird er stets der Anstaunung Werth erscheinen.
Diese Anstaunungswürdigkeit hat auch die damals lebenden Oeltzschauer ihr ertragenes Elend vergessen lassen, so dass sie ihren Kindern und Kindeskindern immer nur von dem grossen Manne, von Wallenstein erzählt haben.
Mit dem Ende des 30 jährigen Krieges sollte aber das Ende der Prüfungen für unsre lieben Oeltzschauer noch nicht eintreten.
Im Jahre 1719 den 24. Juli ertönte in der Stunde des Nachts die Sturmglocke und bald schlugen die Flammen weithin über mehre Häuser, so dass beinahe der ganze Ort abbrannte.
Auch im Jahre 1813 wurde der Ort heimgesucht von den Leiden des französischen Feldzugs und lange genug litt es an den Nachwehen dieses Krieges.
Nur die vortreffliche Lage des Orts und der Fluren, und der vorzügliche Ackerbau, der hier betrieben wird, hat wieder zur Aufhilfe den Einwohnern gedient, wozu die einzelnen Gerichtsherrschaften ebenfalls stets das Ihrige im reichen Maase beigetragen haben.
Der dasigen Gerichtsherrschaft steht auch das Collaturrecht über Kirche und Schule zu. Eine Kirche war hier schon in den frühesten katholischen Zeiten, welche im Jahre 1017 vom Kaiser Heinrich 11. dem Stifte Merseburg einverleibt wurde, nach dem derselbe im Jahre 1064 die Freude der Wiederherstellung des Bisthums genoss, welches der Bischof Giseler als Erzbischof von Magdeburg im Jahre 982 in eine Abtei verwandelte, das Gebiet zerstückelt und alle Urkunden verfälscht und verbrannt hatte.
Diese Einverleibung der Oeltzschauer Kirche unter den Sprengel des Bischoffs zu Merseburg war die Veranlassung zu der irrthümlichen Bemerkung einiger Geschichtsschreiber, dass ganz Oeltzschau früher dem Bisthume Merseburg gehört habe.
Die Stiftslande Von Merseburg haben sich nie bis in die hiesige Gegend erstreckt. Solche bestanden vielmehr aus 20 schriftsässigen Rittergtütern des Amtes Merseburg, aus 28 im Amte Lützen, aus 24 im Amte Schkeuditz und aus 11 im Amte Lauchstädt; Wohl aber waren mehre Kirchen der hiesigen Gegend dem Sprengel des Bischoffs von Merseburg unterworfen, wie z. B. Mölbis u. a. m.
Die hiesige Kirche ist ein geräumiges schönes Gebäude, wohin blos noch das Dorf Kemliz eingpfarrt ist.
Besondere Merkwürdigkeiten sind in derselben nicht vorhanden.
Oeltzschau gehört nicht mehr wie früher zum Gerichtssprengel von Leipzig, sondern zum Gerichtsamte Rötha und zählt jetzt in seinen 83 Gebäuden 473 Einwohner, welche dem Bezirksgerichte Borna einverleibt und dem Amtshauptmannschaftlichen Bezirke von Borna und der Kreisdirection Leipzig zugetheilt sind.
M.G.
Die Porachie Oelzschau 1906
Oelzschau, abzuleiten von dem wendischen Namen olvosa, heißt "Erlenhain", ein Dorf mit jetzt 515 Einwohnern, welches im 16. Jahrhundert den Namen Olßa führte und erst im 17. Jahrhundert Oelzschau benannt wurde, liegt am Göselflusse, an den Leipziger und Grimmaischen Grenzen, 3½ Stunden südöstlich von Leipzig und zwei Stunden von Rötha, inmitten der zwei Städte Borna und Zwenkau in einer Ebene, die sich von Süden nach Norden etwas erhebt, und von da aus betrachtet, ein sehr freundlichen Anblick gewährt. Die beiden großen Wiesen, die sich auf der westlichen Seite des am Rittegutes gelegenen prächtigen Inselteiches hinter dem Pfarrgarten und den daran angrenzenden Bauerngärten, und auf der östlichen Seite desselben hinter der Brauerei nach Rohrbach zu ausdehnen, sind früher, wie ihre Namen "Angerteich" und "Langer Teich" noch heute bezeugen, große Teiche gewesen, von deren Fischen in der vorreformatorischen Zeit ohne Zweifel in den kirchlichen Fastenzeiten die ganze Umgegend versorgt worden ist. Über die Gründung des Ortes kann nichts Sicheres nachgewiesen werden; weil aber nahe am Schauplatze der Kriege gelegen, die um und bei Leipzig geführt wurden, ist derselbe in die Verwüstung des Krieges mit verflochten gewesen; so wurde Oelzschau während des 30 jährigen Krieges von schwedischen Kriegsvölker und anno 1813 durch Plünderung feindlicher Soldaten übel mitgenommen und namentlich das Innere des hiesigen herrschaftlichen Schlosses der rohe Zerstörung wilder Kosaken preisgegeben. Auch verheerte am 24. Juli 1719 ein durch Verwahrlosung entstandenes Feuer fast das ganze Dorf; 45 Wohngebäude wurden ein Raub der Flammen, so daß außer der Kirche und dem Rittergute nur noch zwei kleine Güter unversehrt blieben. Vom Pfarrarchive sind bei diesem Feuer nur die bis ins 16. Jahrhundert und zwar bis 1566 zurückreichenden Kirchenbücher und einige alte Akten gerettet worden. hingegen leider ist die Chronik mit verbrannt. Nach dem Brande wurde das Dorf schöner, als es früher gewesen, nämlich in graden Straßen und Gassen mit Häusern in fast gleicher Entfernung nach der Straße zu wieder aufgebaut, wozu man den nötigen Lehm und Sand von dem nach Kömmlitz zu gelegenen Gemeindeland entnahm, das heute noch den Namen "Lehmgrube" führt.
Das Rittergut, mit einem nicht unbedeutenden Feld- und Waldareal, war im 16., 17. und 18. Jahrhundert fortwährend im Besitze der Familie von Zehmen, von welcher namentlich im 17. Jahrhundert Tobias von Zehmen sich um Kirche und Pfarre durch mancherlei Schenkungen viel Verdienst erwarb.
-- Die Gerichtsbarkeit des Ortes war früher in den Händen des Rittergutsbesitzers, noch jetzt sind Reste des alten Gefängnisses im Rittergute zu sehen, und an der Kleinpötzschauer Grenze ist ca. 200 Schritte von der Straße nach Norden zu das Stück Land, "Galgenwiese" genannt, ein Dreieck, unbebaut, auf dem einst bei Hinrichtungen die Galgen errichtet worden sind.
Die Wohngebäude des Rittergutes sind sehr alt; die Wirtschaftsgebäude sind von dem Besitzer C. Friedr. von Boltenstern, schwedischen Obersten, gestorben 1837, neu aufgebaut worden. Der Nachfolger dieses war Heinr. Christian von Rex, Königl. Preuß. Oberst-Leutnant a. D., der Schwiegersohndes H. v. Boltenstern. Von einem Herrn Brandt kaufte es ein Leipziger Kaufmann H. v. Posern, dessen zwei Kinder, H. V. Posern, Rittergutsbesitzer von Großstädteln (Leipzig), und dessen Schwester Frau Oberst von Petrikowska-Dresden jetzt Besitzer sind.
die Bewohner des Ortes beschäftigen sich meist mit Ackerbau, aber auch mehrere Handwerker, wie drei Bäcker, ein Klempner, ein Glaser pp. haben sich hier niedergelassen.
Die Kirche ist auf jeden Fall eine der älteren des Landes. Nach der etwas verwitterten Inschrift des an der südwestlichen Seite des Turmes angebrachten Ecksteines ist der 1824 in veränderter Form neu gebaute Turm 1510 erbaut, und am Magdalenen-Tage ist der Grundstein gelegt worden; das Schiff, zu dem der Haupteingang an der südlichen Langseite angebracht ist, ist jedenfalls erst später als Verbindung zwischen Turm und Altarplatz eingebaut worden, wenigstens befindet sich in denselben außer dem altertümlichen, an klösterliche Bauart erinnernden Portale (Sandstein in Spitzbogenform) nichts Altertümliches. Der älteste Teil der Kirche ist ohne Zweifel der Altarplatz; das Alter

des Fensters an der Apsis, östlich vom Altare, ist von Professor Steche auf 600 Jahre geschätzt, auch die Krönung auf der östlichen Giebelseite weist nach Steche's Aussage auf ein sehr hohes Alter zurück, ebenso der den Altarplatz und das Schiff trennende Spitzbogen, während der Turm, in dem die Orgel steht und das Schiff trennende Rundbogen auf eine spätere Zeit hnweisen.
Das Innere der Kirche, die mitten im Gottesacker steht, ist höchst einfach, doch freundlich; sie hat 1860 drei neue Glocken erhalten und ist 1846 renoviert; 1883 ist der Altarplatz neu hergestellt und von alten Gestühl gesäubert worden; dann ist sie in den drei Jahren 1891, 1891 und 1893, jedesmal im Spätsommer renoviert worden, -- 1888 wurde vom Kirchenpatrone Herr Otto v. Posern der Kirche eine neue Kanzel- und Altarbekleidung aus rotem Plüsch, mit dem von Posern´schen Wappen, in Gold gestickt, versehen zum andenken an die Privat-Konfirmation seiner Tochter, Elfride von Posern geschenkt
1891 wurde eine neue Turmuhr mit Voll- und Viertestundenschlag angekauft. -- Über dem Altarplatz ist an der Decke ein zwölftäfeliges schönes Ölgemälde, die Leidensgeschichte des Herrn darstellend, angebracht; an der südlichen Seite des Altarplatzes ist ein aus Alabatser gearbeitetes und auf grauen Marmor basiertes kostbares

Denkmal, den Kampf Jacobs mit dem Engel , cf. Ge. 32, darstellend, vom Jahre 1728, die Familie Zehmen und Ponickau betreffend angebracht. --Die Kanzel trägt Spuren der Altertümlichkeit an sich, hat aber durch ihre 1810 erfolgte Versetzung über den Altar gelitten; zur Zeit des Herrn von Rex ist das Äußere deselben und die in Öl gemalten Evangelisten und er Heiland, die sich an den vertieften Seitenwänden befinden, aufgefricht und erneuert worden,
Die Orgel, vor 99 Jahren an Stelle der alten von Trampeli erbaut, enthält 14 Register
Das Vermögen der Kirche beträgt nur noch zirka 3000 Mk; fast 2/3 deselben gingen jedoch durch Veruntreuung verloren.
In dieser Parochie, in der Kömlitz eingepfarrt und eingeschult ist, sind zwei Schulen mit zirka 130 Schulkindern; die Kirchenschule ist 1847, die zweite Schule, ziehmlich am Westende des Dorfes stehend, ist 1889 eingeweiht; der jetzige Kirchschullehrer heißt Ad. Pleißnerm der Hilfslehrer Alb. Göthner.
Die Pfarrwohnung, 1719 mit verbrannt und 1720 wieder erbaut, wie die in Stein gehauene Jahreszahl über der vorderen Haustür bezeugt, ist trotz ihres Alters noch bewohnbar. --Noch ist zu bemerken, daß 1840 der würtembergische Rittmeister Gustav von Rath am Ostende des Dorfes eine Lagerbierbrauerei erbaute, die jetzt zi einer großen Dampfbrauerei unter Herr Joh. Petrikowsky emporgeblüht ist. --Der Ort hat 30 Güter und 56 Häuslerwohnungen, außer der Pfarre und zwei Schulen.
Das eingepfarrte Dorf Kömmlitz_Raufershain (h. Angehörige des Chomol, des Raufers) zehn Minuten von Oelzschau nach Süden entfernt, faßt mit einem kleinen, zirka 123 Acker besitzenden Rittergute fünfzehn Güter und neun Häußlerwohnungen in sich, deren Einwohnerzahl zur Zeit 142 beträgt. Über seinen Ursprung ist nichts bekannt.
Die Namen der, an der Kirche zu Oelzschau seit den Zeiten der Reformation angestellten Prediger sind folgende:
1. Georg Lose, ums Jahr 1536.
2. Andreas Otto, ums Jahr 1545, wurde nach Oßa (Rochlitzer) versetzt.
3. Adam Kober, um 1553 bis 1564.
4. Michael Vogel, berufen 1565, versetzt nach Mölbis 1567.
5. Johann Güntzel, berufen 1567, versetzt 1569 nach Wolkwitz.
6. Johann Zimmermann, damals auch Tectander genannt, berufen 1569, gestorben 1572.
7. Michael Janus, berufen 1573, gestorben 1589.
8. Andreas Herrmann oder Dominander, berufen 1589. Er geriet in den damaligen Kryptocalvinistischen Streitigkeiten in Delirium, mußte 1597 sein Amt niederlegen und starb den 2. Mai 1611 hier.
9. Melchior Schmidt oder Faber von Greifenberg in Schlesien, berufen 1597, starb den 14. Dezember 1631 an einem hitzigen Fieber.
10. M. Peter Klajus, aus Meißen, früher Pfarrer zu Borna unter Leipzig, berufen am 8. Oktober 1632, starb 1637 an der Pest.
11. Christian Engelmann, aus Rötha, früher Pfarrer zu Benndorf, berufen 1638, starb 1639 zu Grimma, wohin er sich vor den feindlichen Schweden geflüchtet hatte.
12. Christian Zeihr, aus Lischwitz bei Weida im Voigtlande, früher 1½ Jahr Pfarrer zu Sausedelitz, berufen 1639, starb am 9.Januar 1689 als Senior der Leipziger Diöces, als Jubelprediger im 51. Amtsjahre und im 76. seines Lebens.
13. Wolfgang Georg Winkler, M. und D. phil., aus Grimma, früher Pastor zu Silbitz unter Wayda, berufen 1689, versetzt 1692 als Diakonus nach Rötha und 1698 als Pfarrer nach Döben.
14. Johann Wolfgang Winkler, des Vorigen Bruder, war erst Pastor zu Großhermsdorf, heranch zu Predel bei Weißenfels, M. et D. phil., berufen 1692, starb den 26. November 1700.
15. M. Samuel Utike, war erst vier Jahre lang ein Schmied, geboren zu Bohnen (Vorpommern) den 22. Mai 1670, berufen 1701, feiert 1751 sein Amtsjubiläum, starb 1753 am 31. Jan., in einem Alter von 82 Jahren. Er war ein äußerst tätiger und gewissenhafter Mann.
16. Heinrich Wilhelm Glacewald, geboren zu Sonnenwalde, berufen 1751 als Substitut des Vorigen, in der Amtsfolge 1753 bestätigt; starb am 24. März 1796.
17. M. Johann Georg Friedrich Götze, geboren den 18. August 1767, zu Rudersdorf bei Gera, ward 1794 Katechet zu St. Petri in Leipzig, habilitierte sich in demselben Jahre auf der Leipziger Universität durch die Abhandlung: "De vera educationis indole," berufen 1796, versetzt 1804 nach Mölbis, wo er im Herbste 1833 starb.
18. Georg Hieronimus Rosenmüller, geboren zu Erlangen ums Jahr 1776, ein Sohn des ehrenvollen Leipziger Superintendenten Rosenmüllerg, berufen 1804. --Ein Mann voll vielseitiger Gelehrsamkeit und Bildung machte er sich durch mehrere populäre asketische Schriften bekannt, leider aber verleitet ihn sein vielbedürftiges Leben sich an dem Kirchenvermögen, das seiner Aufsicht mit übertragen war, zu vergreifen, und als die Veruntreuung sich nicht länger verbergen ließ, endigte er Ende 1824 in Zöbiger bei Leipzig durch Selbstmord (erhängte sich) sein Leben.
19. M. Karl Heinrich Wilhelm Meißner, geboren 1794 zu Leipzig, wo sein Vater Prediger und Professor war, berufen 1825, nachdem er 4½ Jahr als Substitut im Archidiakonat zu Grünau gewesen war. Er ward im März des Jahres 1833 als Diakonus an die Stadtkirche zu Leipzig versetzt.
20. Johann Carl Gottlieb Höhne, geboren am 17. Oktober 1801 in Oberoderwitz bei Herrenhut, kam als Kandidat im März 1833 ins Amt. Am 13. Juli 1842 wurde er als Pfarrer zu Knauthain eingewiesen.
21. M. Heinrich Wilhelm Müller, eines Bäckers und Ratmanns Sohn, wurde zu Mügeln am 3. November 1809 geboren. Er lernte die Wissenschaft auf der Schule zum Heiligen Kreuz in Dresden und bezog 1830 die Universität Leipzig. Vom Jahre 1833 - 1842 war er als ordentlicher Lehrer an der Stadtarmenschule zu Leipzig angestellt, und wurde am 26. August 1842 zum Pfarrer hier designiert. Er wurde 1881 emeritiert und starb 1888 im Stadtkrankenhause zu Leipzig, von wo aus seine Leiche behufs des Begräbnisses auf diesigem Gottesacker nach Oelzschau überführt wurde.
22. Der derzeitige Pfarrer ist Edmund Constanz Kurze, Sohn eines Kirchschullehrers zu Schöngleina bei Roda (Sachsen-Altenburg). Vom Herren von Posern vorgeschlagen, vom Kirchenvorstand als erster Gastprediger mit Verzicht, die zwei anderen Gastprediger zu hören, sofort gewählt, trat er am 29. Januar 1882 sein Amt an. Er ist geboren am 10. November 1850 in Schöngleina (Sachsen-Altenburg), studierte in Jena und Leipzig; war von 1875 -1877 Pfarrvikar in Schwarzbach bei Triptis (Sachsen-Weimar); war 1877- 1882 Diakonus zu Lichtenstein und zugleich Pfarrer von Rödlitz.
Olzschau, 1906
E. Const. Kurze, Pfarrer